Der Monarchfalter – ein Weltenwanderer

Lanzarote – In einzelnen Kerbtälern, den sogenannten Barrancos, im Norden sowie auch in bunt bepflanzten privaten Gärten Lanzarotes kann man hin und wieder einen auffälligen prächtigen Schmetterling bewundern. Es ist der Amerikanische Monarchfalter (Danaus plexippus), der eine Flügelspannweite bis zu zehn Zentimeter erreichen kann. Sein mit nur sieben Zentimentern Spannweite kleinerer Vetter, der Afrikanische Monarch (D. chrysippus), wurde bislang auf Lanzarote nicht entdeckt, während beide auf Teneriffa nebeneinander vorkommen.

Der amerikanische Monarchfalter ist genauso wie etliche andere Tier- und Pflanzenarten auf den Kanarischen Inseln ursprünglich nicht heimisch.

Bei genauerer Beobachtung kann man feststellen, dass er nicht nur ein Nektar saugender Blütenbesucher ist, sondern unter bestimmten Umständen auch „Spuren“ hinterlässt. Einige Zeit nach seinem Besuch nämlich sind in großer Zahl sehr auffällige Raupen zu entdecken. Sie sind abwechselnd grün und schwarz geringelt und tragen vorn wie hinten jeweils zwei fühlerartige Anhänge. Die bis zu fünf Zentimeter Größe heranwachsenden Larven sind allerdings sehr gefräßig und können nach anfänglicher Freude dem pflegenden Gärtner auch erheblichen Verdruss bereiten, da sie die Blätter seiner Lieblinge nach und nach komplett verspeisen.

Das Wandern ist des Falters Lust

Der Monarch zeichnet sich durch eine ganze Reihe von Besonderheiten aus und ist daher nicht nur schön, sondern auch biologisch äußerst interessant. Er ist ein Wanderfalter, der ursprünglich vom nördlichen Südamerika bis ins südliche Kanada vorkommt. Die nordamerikanischen Populationen verlassen die der Kälte ausgesetzten Gebiete im Herbst und wandern über eine Distanz von bis zu 4000 Kilometer nach Zentralmexiko.

Dort verbringen die Tiere zu Millionen in relativ kleinen begrenzten Bereichen von lediglich wenigen Hektar Fläche die Winterzeit. Wie Forscher gerade erst feststellten, finden sie ihren Weg mit Hilfe eines in ihren Fühlern befindlichen Sonnenkompasses. Im Überwinterungsgebiet angekommen, legen sie in dichten Trauben, in und an Bäumen hängend, hier eine energiesparende Ruhephase ein. Bemerkenswert sind die Umstände der Rückkehr der Falter. Es sind nämlich nicht wie bei Zugvögeln dieselben Individuen, die sich wieder im heimatlichen Lebensraum einfinden. Vielmehr erfolgt die alljährliche Rückwanderung durch mehrere Generationen, die sich auf ihrem Weg nach Norden nacheinander in unterschiedlichen geographischen Gebieten entwickeln. Auf den Menschen übertragen bedeutete dies, dass nach einer Raumfahrt zu einem fernen Planeten erst die Enkel derjenigen Astronauten, die die Erde verlassen hatten, zurückkehren würden. Auf den Kanaren vollziehen die Monarchfalter derartige Wanderungen allerdings nicht. Man könnte annehmen, dass sie die kühleren Wintermonate ruhend in Unterschlüpfen wie beispielsweise Felsspalten verbringen oder auch von den anderen, während des ganzen Jahres pflanzenreicheren Inseln, immer wieder neu einfliegen.

Wählerische Raupen

Die Monarchen sind äußerst flugstarke Falter. Mit kurzen Flügelschlägen und über lange Strecken segelnd können sie rasch größere Entfernungen zurücklegen. Beutegreifern aus der Vogelwelt weichen sie durch schnelle Wendungen geschickt aus. Diese Fähigkeiten haben ihnen geholfen, sich im Verbund mit günstigen Winden bis nach Australien und in den Pazifik sowie auf die ostatlantischen Inseln zu verbreiten. Allerdings ist zur dauerhaften Ansiedlung eine wesentliche Voraussetzung unumgänglich. Diese wurde erst durch den Menschen geschaffen, der die Nahrungspflanzen der Raupen aus gärtnerischen Gründen über den Erdball verbreitete. Ganz allgemein gilt nämlich für viele Falterarten, dass ihre Raupen auf die Blätter einer einzigen oder weniger Pflanzenarten als Nahrung spezialisiert sind. Die Raupen des Monarchs bevorzugen vor allem Schwalbenwurz- und Hundsgiftgewächse (Asclepiadaceae, Apocynaceae). Auf Lanzarote ist es vor allem der aus dem südlichen Afrika eingeführte Gomphocarpus fruticosus, ein weiß blühender, an seinen aufgeblasenen Früchten erkennbarer Zierstrauch.

Diese Spezialisierung bietet dem Falter genauso wie seinen Raupen einen großen Vorteil. DieseSchwalbenwurzgewächse haben nämlich zur Abwehr von Fressfeinden bestimmte chemische Stoffe, sogenannte Herzglycoside, entwickelt, die in höherer Dosis für Wirbeltiere und auch viele Insekten giftig sind. Sie beeinflussen die Dynamik sowie den Rhythmus des Herzmuskels von Wirbeltieren und verursachen Unwohlsein. Die Raupen des Monarchs sind im Gegensatz zu denen anderer Falterarten gegen diese „Kampfstoffe“ unempfindlich und lagern sie nicht nur in ihrem Körper ein, sondern speichern sie sogar noch nach ihrer Umwandlung zum Falter in dessen Gewebe.

Wird dann einmal ein Individuum von einem Vogel gefressen, geht es diesem danach eine Zeit lang so schlecht, dass er es nie vergisst. Damit die Vögel es sich auch gut merken können, sind die Falter, vor allem aber deren Raupen, zur Warnung so auffällig gefärbt. Diese farbliche Warnung ist derart erfolgreich, dass sie sogar von nicht giftigen anderen Falterarten nachgeahmt wird, die so gleichfalls von diesem Schutzschirm profitieren.

Von der Raupe zum Schmetterling

Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, den man leicht in seinem Garten beobachten kann, wenn sich im Verlaufe der Metamorphose aus der so ganz anders aussehenden und auch in gänzlich anderer Weise lebenden Raupe schließlich der frei umher fliegende Schmetterling entwickelt. Etwa 14 Tage nach ihrem Schlupf aus dem Ei, während derer die Raupe ausschließlich damit beschäftigt ist zu fressen, zu wachsen und gelegentlich aus der zu eng werdenden alten Haut zu schlüpfen, sucht sie ein stilles Plätzchen auf. Dort befestigt sie sich mit ihrem Körperhinterende an der Unterseite eines Blattes oder eines Felsabsatzes, hängt also mit dem Kopf nach unten und formt sich in ein etwa zwei Zentimeter großes grün gefärbtes Tönnchen um. In dem nun weitere 10 Tage dauernden Prozess der Puppenruhe erfolgt die nahezu vollständige Selbstverdauung (Histolyse) und Auflösung aller inneren Organe und Zellgewebe. Aus wenigen verbliebenen speziellen Zellen erfolgt sodann der Aufbau der neu entstehenden Organe des ausgewachsenen Schmetterlings. Dieser als „Metamorphose“ bezeichnete Vorgang ist ein bemerkenswerter genetischer Prozess, der lediglich von zwei Hormonen gesteuert wird. Am Ende schlüpft der fertige Falter aus der aufreißenden Puppenhülle. Seine bereits ausgebildeten Flügel müssen nur noch über mit Luft gefüllte Röhrensysteme entfaltet werden. Wenn diese und sein Außenskelett an der Sonne gehärtet sind, kann er davon fliegen und sein zwei bis sechs Wochen dauerndes Leben beginnen.

Die Autoren, Ulrike Strecker und Horst Wilkens sind Biologen der Universität Hamburg. Während zahlreicher Aufenthalte auf Lanzarote haben sie sich ein großes Wissen über die hiesige, ganz spezielle Tier- und Pflanzenwelt angeeignet.

Vieles davon geben sie in ihrem Bildband „Lanzarote – Leben auf Lava“ wieder. Dieses Fotobuch zeigt die eindrucksvollsten Landschaften Lanzarotes, sowie die hier lebenden Tiere und Pflanzen in professionellem Layout mit hohem künstlerischem Anspruch.